Arbeitsrecht:
Baurecht:
Familien- und Erbrecht:
Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht (WEG):
Verbraucherrecht:
Verkehrsrecht:
Steuerrecht:
Wirtschaftsrecht:
Abschließende Hinweise:
Arbeitsrecht
Nach dem vom 1.1.98 bis zum 31.12.02 geltenden Recht wurden Zeiten, in denen Frauen wegen der mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbote ihre versicherungspflichtige Beschäftigung unterbrachen, bei der Berechnung der Anwartschaftszeit in der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung nicht berücksichtigt. Dies ist mit Art. 6 Abs. 4 GG (Schutz- und Fürsorgeanspruch der Mutter) nicht vereinbar, entschied nun das Bundesverfassungsgericht (BVerfG).
Nach dem Mutterschutzgesetz dürfen Frauen, die den Schutz des Gesetzes genießen, sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Entbindung nicht beschäftigt werden. Sie erhalten für die Dauer der Beschäftigungsverbote Lohnersatz (Mutterschaftsgeld und Zuschuss zum Mutterschaftsgeld) durch den Arbeitgeber in Anknüpfung an die Höhe ihres Arbeitsentgelts.
Voraussetzung für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld sei die Erfüllung der Anwartschaftszeit. Nach der gesetzlichen Regelung hat die Anwartschaftszeit erfüllt, wer in den letzten drei Jahren ("Rahmenfrist") vor der Arbeitslosmeldung und der eingetretenen Arbeitslosigkeit mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat. In dem hier maßgeblichen Zeitraum von 1998 bis 2002 begründete der Bezug von Mutterschaftsgeld kein Versicherungspflichtverhältnis. Folge war, dass die Zeiten der mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbote nicht zur Erfüllung der Anwartschaft für den Bezug von Arbeitslosengeld beitrugen. Das verstößt nach Ansicht der obersten Gesetzeshüter aus folgenden Gründen gegen die Bestimmungen des Grundgesetzes:
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Untersage der Gesetzgeber - wie in den Regelungen zum Mutterschutzgesetz - der Frau für eine bestimmte Zeit vor oder nach der Geburt eines Kindes die Fortsetzung oder Wiederaufnahme ihrer versicherungspflichtigen Beschäftigung, müsse er wegen seines Schutzauftrags aus Art. 6 Abs. 4 GG die sich aus dem Verbot unmittelbar ergebenden sozialrechtlichen Nachteile soweit wie möglich ausgleichen. Anderenfalls bliebe der mit den Beschäftigungsverboten angestrebte Schutz von Mutter und Kind unvollständig. Es sei daher mit Art. 6 Abs. 4 GG unvereinbar, wenn Zeiten der mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbote bei der Berechnung der Anwartschaftszeit in der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung nicht berücksichtigt würden.
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Das Bedürfnis nach Berücksichtigung der Zeit des Beschäftigungsverbots im Rahmen der Berechnung der Anwartschaftszeit entfalle nicht dadurch, dass die Mutter berechtigt sei, ihr versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis bis zur Geburt aufrechtzuerhalten. Diese Möglichkeit sei der schwangeren Frau nicht eröffnet worden, damit sie den in Frage stehenden sozialversicherungsrechtlichen Nachteil vermeiden könne. Vielmehr liege der Ausnahmeregelung die Erfahrung zu Grunde, dass es für die Schwangere im Einzelfall psychisch günstiger sein könne, sich durch die bisherige, gewohnte Arbeit abzulenken.
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Auch die dreijährige Rahmenfrist (ursprünglich zwei Jahre) gleiche den sozialversicherungsrechtlichen Nachteil nicht hinreichend aus. Zwar komme eine verlängerte Rahmenfrist auch den Müttern zugute, die in Folge der Beschäftigungsverbote ihre Erwerbstätigkeit für einige Zeit unterbrochen hätten. Bei einem - keineswegs atypischen - Wechsel von Beschäftigung, Mutterschutzzeit und Arbeitslosigkeit sei sie jedoch nicht hinreichend geeignet gewesen, in einer dem Schutzauftrag des Art. 6 Abs. 4 GG genügenden Weise für den Fall der Arbeitslosigkeit sozialversicherungsrechtlich vorzusorgen.
Hinweis: Dem Gesetzgeber wurde aufgegeben, bis zum 31. März 2007 für den betroffenen Zeitraum eine verfassungsgemäße Regelung zu treffen. Noch nicht rechts- oder bestandskräftig abgeschlossene Gerichts- und Verwaltungsverfahren bleiben ausgesetzt oder sind auszusetzen, um den Betroffenen die Möglichkeit zu erhalten, aus der vom Gesetzgeber zu treffenden Regelung Nutzen zu ziehen. Bereits bestandskräftig gewordene Verwaltungsentscheidungen bleiben von der vorliegenden Entscheidung unberührt. Es ist dem Gesetzgeber aber unbenommen, die Wirkung dieser Entscheidung auch auf bereits bestandskräftige Bescheide zu erstrecken (BVerfG, 1 BvL 10/01).
Fährt ein Arbeitnehmer während einer längeren Arbeitsunfähigkeit wegen einer Hirnhautentzündung trotz erkannter Krankheitssymptome im Hochgebirge Ski, verletzt er seine arbeitsvertraglichen Pflichten in erheblicher Weise. Der Arbeitgeber kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund fristlos beenden.
Das musste sich ein Arbeitnehmer sagen lassen, der während dieses Skiurlaubs zudem noch stürzte und sich das Schien- und Wadenbein brach. Hierdurch kam es zu einer erheblichen Verlängerung der Arbeitsunfähigkeit. Daraufhin kündigte ihm der Arbeitgeber fristlos. Die Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers wies das Bundesarbeitsgericht (BAG) nun zurück.
Die Richter waren der Ansicht, dass der Arbeitnehmer seine Pflicht zu einem gesundheitsfördernden Verhalten erheblich verletzt habe. Die Erkrankung sei nach den Ausführungen des Arbeitnehmers u.a. mit erheblichen Konzentrationsschwächen verbunden gewesen. Er habe daher keine sportlichen Freizeitaktivitäten ausüben dürfen, die - wie das alpine Skilaufen - an die Konzentration und die allgemeine Fitness nicht unerhebliche Anforderungen stellen würden. Erschwerend komme hinzu, dass der Arbeitnehmer als ärztlicher Gutachter für Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bei einem Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) beschäftigt gewesen sei. Durch sein Fehlverhalten habe er die Neutralität und Glaubwürdigkeit des MDK und seiner Gutachten bei den Auftraggebern in Frage gestellt (BAG, 2 AZR 53/05).
Die Bonuspunkte aus dem Miles-and-More-Programm einer Fluggesellschaft stehen dem Arbeitgeber zu, wenn sie für dienstliche Flüge des Arbeitnehmers gutgeschrieben wurden. Der Arbeitnehmer ist nicht berechtigt, sie für eigene private Flüge zu nutzen.
Diese Klarstellung traf das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Fall eines Angestellten, der als "Verkaufsleiter Ausland" beschäftigt war. Auf Grund dieser Tätigkeit unternahm er eine Vielzahl von dienstlichen Flugreisen, bei denen er als Vielflieger am Miles-and-More-Programm einer Fluggesellschaft teilnahm. Die Kosten der Flüge trug der Arbeitgeber. Auch die dienstlichen Flugmeilen wurden dem persönlichen Meilenkonto des Angestellten als Bonuspunkte gutgeschrieben. Zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht wies sein Meilenkonto 350.000 Bonuspunkte auf. Das entsprach einem Wert von 9.700 Euro. Als ihm der Arbeitgeber untersagte, die gesammelten Bonuspunkte - wie bisher - für private Zwecke zu nutzen, erhob der Arbeitnehmer Klage.
Zu Unrecht, urteilte das BAG. Er sei nicht berechtigt, alle erworbenen Bonuspunkte für private Zwecke zu nutzen. Das Gesetz sehe vor, dass der Beauftragte verpflichtet sei, seinem Auftraggeber alles herauszugeben, was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt habe. Dieser Grundsatz finde auch im Arbeitsverhältnis Anwendung. Die Herausgabepflicht gelte für alle Vorteile, soweit sie dem Arbeitnehmer von einem Dritten auf Grund eines inneren Zusammenhangs mit dem geführten Geschäft gewährt worden sind. Die Sondervorteile aus dem Miles-and-More-Programm stünden demnach dem Arbeitgeber als Auftraggeber zu. Er habe daher dem Angestellten untersagen dürfen, die Bonuspunkte zu privaten Zwecken zu nutzen. Vielmehr könne er verlangen, dass diese in seinem wirtschaftlichen Interesse zur Bezahlung von Dienstflügen eingesetzt würden (BAG, 9 AZR 500/05).
Legt ein Arbeitnehmer trotz einschlägiger Abmahnung eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) nicht umgehend beim Arbeitgeber vor, kann ihm aus verhaltensbedingten Gründen gekündigt werden.
Das ist die Konsequenz aus einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Thüringen. In dem Fall war ein Arbeitnehmer abgemahnt worden, weil er seine AU erst sechs Tage nach dem Ausstellen beim Arbeitgeber vorgelegt hatte. Zwei Monate später fehlte der Arbeitnehmer erneut unentschuldigt. Die ihm erteilte AU gab er einige Tage später einem Kollegen. Der leitete sie aber nicht an das Personalbüro weiter, sondern deponierte sie in einem Ablagefach für Stundenzettel. Seitdem war die AU verschwunden. Vor Gericht konnte der Arbeitnehmer nicht erklären, warum er den Arbeitgeber nicht schon am ersten Tag seiner Krankheit telefonisch informiert hatte. Er rechtfertigte sein Verhalten damit, dass ihm der Arbeitgeber "ja auch kein Geld bezahlt" habe. Tatsächlich war es in der Vergangenheit gelegentlich zu verzögerten Entgeltzahlungen gekommen.
In diesem Fall hat das LAG die Nichtanzeige der Arbeitsunfähigkeit als "Retourkutsche" wegen der verzögerten Entgeltzahlung angesehen. Hiermit sollte der Arbeitgeber noch weiter in Schwierigkeiten bezüglich der Personaleinsatzplanung gebracht werden. Diese Einstellung des Arbeitnehmers könne als maßgeblicher Grund für die soziale Rechtfertigung der Kündigung angesehen werden. Der Arbeitnehmer habe mit seinem Verhalten ("Schikane des Arbeitgebers") einer vertrauensvollen Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses "selbst den Boden entzogen" (LAG Thüringen, 5 Sa 319/04).
Baurecht
Mit Hilfe des neuen Forderungssicherungsgesetzes sollen Handwerker und andere Gläubiger - z.B. von Schmerzensgeld- oder Schadenersatzansprüchen - schneller an ihr Geld kommen. Hintergrund sind die finanziellen Schwierigkeiten von kleinen und mittelständischen Betrieben durch unpünktliche Zahlungen der Kunden.
Der entsprechende Gesetzentwurf ist vom Bundesrat beschlossen und nun in den Bundestag eingebracht worden. Kernstück der vorgesehenen Gesetzesänderungen ist die vorläufige Zahlungsanordnung. Diese soll es den Gerichten ermöglichen, frühzeitig einen vollstreckungsfähigen Titel zu erlassen. Die Regelung soll damit eine Rechtsschutzlücke in Prozessen schließen, die typischerweise eine umfangreiche sachverständige Begutachtung mehrerer Beweisfragen erfordern. Diese Prozesse dauern häufig sehr lange, so dass die Kläger lange auf ihr Geld warten müssen. Voraussetzung einer vorläufigen Zahlungsanordnung soll sein, dass die Klage nach dem bisherigen Sach- und Streitstand hohe Aussicht auf Erfolg hat. Darüber hinaus muss das Gericht abwägen zwischen dem Interesse des Klägers, schnell an sein Geld zu kommen, und dem Interesse des Beklagten, erst zu zahlen, wenn alle offenen Rechtsfragen abschließend geklärt sind. Die neue Vorschrift wird nicht nur für Vergütungsklagen von Werkunternehmern, sondern auch für alle Geldforderungen, insbesondere Schadenersatz- und Schmerzensgeldansprüchen von Unfallopfern relevant sein.
Zudem sind folgende Änderungen im Werkvertragsrecht vorgesehen:
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Abschlagszahlungen sollen schon gefordert werden können, bevor das Werk vollständig errichtet ist, d.h. das Erfordernis einer "abgeschlossenen Leistung" entfällt. Der Schutz der Verbraucher wird durch eine Sicherheitsleistung in Höhe von fünf Prozent des Vergütungsanspruchs - falls der Vertrag die Errichtung oder den Umbau eines Hauses zum Gegenstand hat - angemessen berücksichtigt.
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Der Subunternehmer (Bauhandwerker) kann seinen Werklohnanspruch unter erleichterten Voraussetzungen realisieren, da er seine Forderung gegenüber seinem Auftraggeber (Generalübernehmer, Bauträger) in Zukunft auch einfordern kann, wenn das Gesamtwerk durch dessen Auftraggeber (Bauherr) abgenommen wurde oder als abgenommen gilt. Das heißt, die Zahlung kann nicht mehr dadurch verzögert werden, dass der direkte Auftraggeber (Generalübernehmer, Bauträger) das Werk des Subunternehmers noch nicht gesondert abgenommen hat.
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Die Höhe des "Druckzuschlags", also des Betrags, den der Auftraggeber über die Nachbesserungskosten hinaus einbehalten darf, um den Unternehmer zur Mängelbeseitigung zu veranlassen, soll anstatt wie bisher "mindestens das Dreifache" nur noch "im Regelfall das Doppelte" der voraussichtlichen Mangelbeseitigungskosten betragen.
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Dem Bauhandwerker soll ein echter, einklagbarer Anspruch auf eine Sicherheitsleistung für seine Werklohnforderung eingeräumt werden. Damit wird dem berechtigten Interesse der Bauhandwerker, die regelmäßig vorleistungspflichtig sind, an einer Sicherheit angemessen Rechnung getragen. Außerdem soll der Bauhandwerker, falls es wegen der Sicherheitsleistung zum Streit und zur Vertragsauflösung kommt, seinen Vergütungsanspruch behalten. Verbraucher sollen von der Pflicht zur Sicherheitsleistung befreit bleiben.
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Ergänzend schlägt die Bundesregierung vor, die gesetzlich vorgesehene "Privilegierung" der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/B) für Verbraucherverträge aufzuheben. Wenn an einem Vertrag ein Verbraucher beteiligt ist und die VOB/B in diesen Vertrag einbezogen wurden, sollen in Zukunft die Gerichte entscheiden können, ob die Vertragsklauseln der VOB/B im Einzelfall den Verbraucher unangemessen benachteiligen.
Wird ein Bauunternehmer von einem Generalunternehmer mit Nachunternehmerleistungen beauftragt, ist seine größte Sorge in der Regel, dass der Generalunternehmer zwischenzeitlich nicht insolvent wird.
Ein Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe weist einen Ausweg aus dem Dilemma, nämlich eine "Bürgschaft" des Bauherrn für seinen Werklohn. Im konkreten Fall hatte der Architekt des Bauherrn dem Subunternehmer folgende schriftliche Erklärung zukommen lassen: "Namens und im Auftrag des Auftraggebers teile ich Ihnen hiermit mit, dass die Bezahlung für das Bauvorhaben ... durch den Bauherrn gewährleistet wird. Das heißt, sollte vom Generalunternehmer eine Zahlung Ihnen gegenüber nicht ausgeführt werden, wird der Bauherr diese Zahlung direkt an Sie vornehmen. Diese Zahlungsaussage trifft jedoch nur zu, wenn Ihre Werkleistung ordnungsgemäß ist."
Nach Ansicht des OLG begründet die Erklärung eine Bürgenhaftung des Bauherrn gegenüber dem Subunternehmer für dessen Werklohnansprüche aus dem Vertrag mit dem Generalunternehmer. Das sah auch der Bundesgerichtshof (BGH) so und wies die Nichtzulassungsbeschwerde des Bauherrn zurück. Voraussetzung für die Haftung sei allerdings, dass der Bauherr Kenntnis von diesem Schreiben erhalten und sich dazu nicht ablehnend geäußert habe (OLG Karlsruhe, 17 U 87/01; BGH, VII ZR 24/05).
Windenergieanlagen dürfen in einem Vogelflugkorridor nicht errichtet werden.
Dies entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz im Fall eines Bauherrn, der die Errichtung von zwei Windenergieanlagen mit einer Nabenhöhe von 98 m beabsichtigte. Die Bauaufsichtsbehörde lehnte die Erteilung der beantragten Baugenehmigung ab.
Die hiergegen erhobene Klage hatte bereits das Verwaltungsgericht abgewiesen. Das OVG bestätigte nun diese Entscheidung. Da die Windenergieanlagen in einem Gebiet errichtet werden sollten, das im Frühjahr und Herbst übermäßig stark von Zugvögeln durchflogen werde, stünden ihnen Belange des Naturschutzes entgegen. Zwar könne nicht jeder einfache Vogelzug die Errichtung von Windenergieanlagen verhindern. Vielmehr sei dazu ein Vogelzuggeschehen überdurchschnittlichen Umfangs erforderlich. Ansonsten wären in Rheinland-Pfalz, das größtenteils breitflächig von Vogelzügen überquert werde, Windenergieanlagen fast überall unzulässig. Das würde der gesetzlich angeordneten Privilegierung solcher Anlagen im Außenbereich widersprechen. Nach Einholung gutachterlicher Stellungnahmen sei der Bereich, in dem die beiden Windenergieanlagen errichtet werden sollten, als bedeutender Vogelflugkorridor anzusehen. Deshalb seien Beeinträchtigungen einer Vielzahl von Vogelarten durch die Anlagen nicht ausgeschlossen. Die Erteilung einer Baugenehmigung scheide daher aus (OVG Rheinland-Pfalz, 1 A 11312/04.OVG).
Die Bewohner eines Wochenendhauses müssen die Besichtigung ihrer Wohnung durch die Bauaufsichtsbehörde dulden, wenn der Verdacht besteht, dass die Wohnungsnutzung bauaufsichtlich nicht genehmigt worden ist.
Dies entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz in Koblenz. Geklagt hatten die Eigentümer eines als Wochenendhaus baurechtlich genehmigten Gebäudes in einem als Wochenendhausgebiet ausgewiesenen Bereich. Nachdem eine Vielzahl der Gebäude entgegen dem Bebauungsplan zu Dauerwohnzwecken umgenutzt wurden, begann die Bauaufsichtsbehörde mit einer Erhebung der baurechtlichen Verstöße. Dazu beabsichtigte sie auch eine Besichtigung des Gebäudes der Kläger, da bei einer Außenbesichtigung der Verdacht auf Umnutzung der Keller- zu Aufenthaltsräumen entstanden war. Nachdem die Kläger sich geweigert hatten, eine Besichtigung vornehmen zu lassen, gab die Bauaufsichtsbehörde ihnen auf, mit ihr einen Termin zur Besichtigung auszumachen. Die hiergegen erhobene Klage hat bereits das Verwaltungsgericht abgewiesen.
Das OVG bestätigte nun diese Entscheidung. Die Kläger müssten die Bauzustandsbesichtigung dulden, weil auf Grund der Gestaltung der Kellerfenster der Verdacht bestehe, dass die Kellerräume ohne die erforderliche Baugenehmigung zu Aufenthaltszwecken genutzt würden und eine Dauerwohnnutzung des nur als Wochenendhaus genehmigten Gebäudes stattfinde. Eine Bauzustandsbesichtigung stelle keine Wohnungsdurchsuchung dar, weil die Behörde nicht zielgerichtet in die Privatsphäre der Wohnungsinhaber eindringe. Deshalb sei sie bereits zulässig, wenn eine dringende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung bestehe. Eine solche Gefahr stelle schon der Verstoß gegen die baurechtliche Genehmigungspflicht dar, da diese der Bausicherheit und damit dem Schutz von Leben und Gesundheit von Menschen diene. Die Wohnungsbesichtigung sei auch kein unangemessen schwerer Eingriff, da sie an einem von den Klägern selbst benannten Termin stattfinden solle, so dass sie sich darauf einstellen könnten. Durch die nachträgliche Bauzustandsbesichtigung erfolge schließlich eine Gleichbehandlung mit denjenigen Bürgern, die ein Genehmigungsverfahren eingeleitet und in diesem Rahmen ebenfalls eine Besichtigung zu dulden hätten (OVG Rheinland-Pfalz, 8 A 11500/05.OVG).
Familien- und Erbrecht
Das Bundeskabinett hat im April die Reform des Unterhaltsrechts beschlossen. Darin soll das Wohl des Kindes an erste Stelle gesetzt werden, da Kinder bei einer Trennung ihrer Eltern besonders schutzbedürftig sind. Der Regierungsentwurf sieht u.a. vor:
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Kinder sollen Vorrang vor allen anderen Unterhaltsgläubigern haben, wenn nicht genügend Geld für alle Unterhaltsberechtigten vorhanden ist. Sie erhalten also den ersten Rang unter den Unterhaltsgläubigern.
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Im zweiten Rang sollen künftig alle Väter und Mütter stehen, die Kinder betreuen. Das soll unabhängig davon gelten, ob das Paar verheiratet war oder nicht.
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Schließlich soll die nacheheliche Eigenverantwortung gestärkt werden. Angesichts der hohen Scheidungsquote - insbesondere von kurzen Ehen - sollen Geschiedene eine zweite Chance haben, eine Familie zu gründen und damit auch zu finanzieren. Die Gerichte sollen daher mehr Möglichkeiten haben, Unterhaltsansprüche für geschiedene Ehegatten zu befristen und zu begrenzen.
Ist im Scheidungsverfahren der Versorgungsausgleich wegen eines vertraglich vereinbarten Ausschlusses nicht durchgeführt worden, kann er nach Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur richterlichen Inhaltskontrolle von Eheverträgen auf Antrag auch nach rechtskräftigem Abschluss des Scheidungsverfahrens durchgeführt werden. Voraussetzung dafür ist, dass der vertragliche Ausschluss des Versorgungsausgleichs sittenwidrig war.
Diese weitreichende Entscheidung traf das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf im Fall eines Ehepaares, das im notariellen Ehevertrag Gütertrennung vereinbart und auf den Versorgungsausgleich sowie auf Unterhalt verzichtet hatte. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses war die Ehefrau schwanger. Sie besaß keine Berufsausbildung und war nicht erwerbstätig. In der Ehe versorgte sie die gemeinsamen Töchter, während der Ehemann berufstätig war. Die Ehe der Parteien wurde rechtskräftig geschieden. Im Scheidungsurteil heißt es im Tenor: "Ein Versorgungsausgleich findet nicht statt." Jahre später stellte die Ehefrau den Antrag auf Durchführung des Versorgungsausgleichs. Sie hat dazu vorgetragen, sie habe im Scheidungsverfahren keinen Antrag auf Durchführung des Versorgungsausgleichs gestellt, weil dieser auf Grund der damaligen höchstrichterlichen Rechtsprechung keine Erfolgsaussichten gehabt habe.
Das OLG hielt ihren Antrag für gerechtfertigt. Der Ausschluss des Versorgungsausgleichs im notariellen Vertrag sei nichtig. Er führe zu einer einseitigen und durch die individuelle Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse nicht gerechtfertigten Lastenverteilung zum Nachteil der Ehefrau. Der nachträglichen Durchführung des Versorgungsausgleichs - nach Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung - stehe nicht die Rechtskraft des Scheidungsurteils entgegen. Der Antrag auf Durchführung des Versorgungsausgleichs sei auch nicht verwirkt, selbst wenn er erst sechs Jahre nach Rechtskraft des Scheidungsurteils gestellt werde. Ein Vertrauenstatbestand sei nicht dadurch geschaffen worden, dass die Ehefrau im Scheidungsverfahren von einem entsprechenden Antrag abgesehen habe. Denn bereits damals sei sie der Meinung gewesen, der ehevertragliche Ausschluss des Versorgungsausgleichs sei sittenwidrig. Damit seien dem Ehemann die Rechtsmeinung der Ehefrau und ihre Gründe für die Nichtgeltendmachung bekannt gewesen. Sie habe nicht den Eindruck erweckt, sie werde für die Zukunft generell auf den Versorgungsausgleich verzichten. Auf die Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung im Februar 2004 habe die Ehefrau bereits im März 2004 reagiert und einen entsprechenden Antrag gestellt (OLG Düsseldorf, II-1 UF 22/05).
Bei der Suiziddrohung eines psychisch Kranken, der in der Steuerung seiner seelischen Reaktionen erheblich beeinträchtigt ist, darf die Ehe nicht geschieden werden, bis die ausreichende medizinische Versorgung des Kranken gesichert ist.
Mit dieser Begründung verweigerte das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig die Scheidung eines Ehepaares. Es machte deutlich, dass nach der "Härtefallklausel" eine Ehe nicht geschieden werden solle, wenn und solange die Scheidung für den Antragsgegner auf Grund außergewöhnlicher Umstände eine so schwere Härte darstelle, dass die Aufrechterhaltung der Ehe geboten erscheine. Dabei müssten die Belange des Antragstellers u.U. zurücktreten. So hätte der Antragsteller im vorliegenden Fall im Hinblick auf die Suizidgefahr gewisse Schutzpflichten. Dazu gehöre beispielsweise, dass er sich bemühen müsse, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Antragsgegnerin im Falle einer Scheidung ärztlich betreut werde. Gegebenenfalls müsse er sie beim Vormundschaftsgericht unter Betreuung stellen lassen. Solange er diese Schutzpflichten nicht erfülle, könne die Ehe nicht geschieden werden.
Hinweis: Die "Härtefallklausel" kann nicht zur Verhütung seelischer Reaktionen eingreifen, die der Betroffene ausreichend zu steuern vermag (OLG Schleswig, 15 UF 85/05).
Erblasser betreiben großen Aufwand für die Gestaltung von Testamenten, um die bestmögliche Nachfolgeregelung zu gewährleisten. "Der sicherste Weg" für die Realisierung dieses Erblasserwillens ist die Verwahrung von Testamenten. Der folgende Beitrag zeigt die rechtlichen Konsequenzen der Rücknahme von privatschriftlichen und notariellen Testamenten aus der Verwahrung.
Privatschriftliches Testament
Bei der Verwahrung des privatschriftlichen Testaments beim AG und bei dessen Rücknahme aus dieser Verwahrung gilt Folgendes:
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Verwahrung: Der Erblasser liefert die Verfügung beim zuständigen Amtsgericht ab. Die Verwahrung erfolgt unter gemeinschaftlichem Verschluss des Richters und des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle.
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Rückgabe: Der Erblasser kann die Rücknahme jederzeit verlangen und die Rückgabe muss an ihn persönlich erfolgen.
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Rechtsfolge: Die Rückgabe des Testaments an den Erblasser bedeutet nicht den Widerruf des Testaments. Es bleibt nach wie vor wirksam.
Notarielles Testament
Dagegen hat die Rücknahme eines notariellen Testaments aus der amtlichen Verwahrung folgende Konsequenzen:
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Verwahrung: Der das Testament beurkundende Notar nimmt das notarielle Testament entgegen und gibt es immer beim zuständigen Gericht in amtliche Verwahrung.
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Rückgabe: Auch hier kann der Erblasser das Testament jederzeit zurückfordern. Die Rückgabe darf nur an den Erblasser persönlich erfolgen.
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Rechtsfolge: Die Rücknahme des Testaments an den Erblasser gilt als Widerruf der Verfügung. Die Rücknahme aus der Verwahrung ist nämlich auch selbst als Verfügung von Todes wegen anzusehen. Die das notarielle Testament zurückgebende Stelle soll den Erblasser über die Rechtsfolgen belehren.
Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht (WEG)
Die Rechtsprechung zur Frage, was bezüglich der Einberufung einer Wohnungseigentümerversammlung zu beachten ist, ufert aus. Die folgende Übersicht beantwortet daher die häufigsten Fragen.
1. Wer kann die Eigentümerversammlung einberufen?
Die Grundregeln zur Einberufung einer Eigentümerversammlung enthält § 24 WEG. Die Versammlung kann vom Verwalter, vom Verwaltungsbeiratsvorsitzenden, eventuell von einzelnen Wohnungseigentümern oder von mehr als einem Viertel der Wohnungseigentümer einberufen werden.
2. Was ist zu beachten, wenn der Verwalter sie einberuft?
Die ordentliche Eigentümerversammlung ist vom Verwalter mindestens einmal im Jahr einzuberufen (§ 24 Abs. 1 WEG). Außerordentliche Versammlungen werden meist ebenfalls vom Verwalter einberufen und zwar, wenn er anstehende Probleme nicht - auch nicht als Notverwaltungsmaßnahme i.S.d. § 27 Abs. 1 Nr. 3 WEG - lösen darf.
3. Gelten Besonderheiten, wenn der Verwaltungsbeiratsvorsitzende bzw. sein Stellvertreter einberufen?
Fehlt ein Verwalter, kann die Versammlung auch, falls ein Verwaltungsbeirat bestellt ist, von dessen Vorsitzendem oder seinem Vertreter einberufen werden. Ein Verwalter fehlt, wenn er tatsächlich nicht bestellt wurde. Er fehlt auch, wenn er zwar bestellt, aber tatsächlich an der Einberufung verhindert ist (z.B. langandauernde Krankheit).
Auch wenn ein Verwalter sich pflichtwidrig weigert, die Versammlung einzuberufen, ist der Verwaltungsbeiratsvorsitzende/dessen Stellvertreter zur Einberufung ermächtigt. Eine pflichtwidrige Nichteinberufung liegt vor, wenn einem Minderheitsverlangen nicht stattgegeben wird. Auch die faktische Verhinderung einer Versammlung durch mehrfaches Verlegen oder langfristiges Hinausschieben stellt eine pflichtwidrige Nichteinberufung dar. Die Einberufung einer Eigentümerversammlung während der Schulferien ist dagegen keine pflichtwidrige Weigerung des Verwalters.
4. Dürfen einzelne Eigentümer die Versammlung einberufen?
Einzelne Eigentümer sind weder berechtigt, noch verpflichtet, die Versammlung einzuberufen. Sie können jedoch vom WEG-Gericht dazu ermächtigt werden.
Die Eigentümerversammlung muss jedoch einberufen werden, wenn dies schriftlich unter Angabe des Zwecks und der Gründe von mehr als einem Viertel der Eigentümer verlangt wird (Minderheitsverlangen). Die tatsächliche Einberufung erfolgt in derartigen Fällen durch den Verwalter. Die Minderheit hat nur das Initiativrecht.
5. Was ist mit Sonstigen?
Andere Personen als der Verwalter, der Verwaltungsbeiratsvorsitzende oder der Stellvertreter des Verwaltungsbeiratsvorsitzenden haben kein Einberufungsrecht, auch nicht Grundpfandgläubiger oder Mieter.
6. Welche Fristen gelten für die Einberufung?
Die Frist der Einberufung soll im Regelfall mindestens eine Woche betragen. Ausnahmen bestehen, wenn ein Fall "besonderer Dringlichkeit" vorliegt. Dann darf die Einberufungsfrist verkürzt werden. Kürzere oder längere Fristen dürfen vereinbart werden.
Wird die Einberufungsfrist nicht eingehalten, sind in der Versammlung gefasste Beschlüsse nur nicht für ungültig zu erklären, wenn feststeht, dass sie ohne den Einberufungsmangel ebenso gefasst worden wären. Umgekehrt sind Beschlüsse jedenfalls für ungültig zu erklären, wenn feststeht, dass sie bei rechtzeitiger Einberufung so nicht zu Stande gekommen wären.
7. Wie häufig muss einberufen werden?
Es ist zwischen ordentlichen und außerordentlichen Versammlungen zu unterscheiden: Die ordentliche - regelmäßige - Eigentümerversammlung findet einmal jährlich statt. Sowohl kürzere als auch längere Zeiträume können vereinbart werden. Außerordentliche Versammlungen werden nach Bedarf einberufen. Was als Grund für eine außerordentliche Versammlung ausreicht, sollte - beispielhaft - in der Gemeinschaftsordnung geregelt werden.
8. Wo muss die Versammlung stattfinden?
Die Eigentümerversammlung sollte möglichst in der Wohnungseigentumsanlage selbst oder in unmittelbarer Nähe stattfinden. Es ist ein Gebot von Treu und Glauben, die Versammlung dort stattfinden zu lassen, wo ein redlich denkender Wohnungseigentümer sie billigerweise erwarten darf, nämlich im näheren Umkreis der Anlage.
Die Faustformel lautet, dass es den Eigentümern durch die Wahl des Versammlungsorts nicht ungebührlich erschwert werden darf, an der Versammlung teilzunehmen. Selbst eine Versammlung in einem Kellerraum kann zumutbar sein.
9. Was ist bei der Versammlungszeit zu beachten?
Die Versammlung ist für eine Zeit einzuberufen, die die Teilnahme nicht ungebührlich erschwert, also nicht zur Nachtzeit, am Vor- oder Nachmittag eines Werktags, möglichst auch nicht in der Hauptferienzeit. Sie muss zumutbar sein. Die beabsichtigte Einberufung während der Schulferien steht jedoch nicht einer pflichtwidrigen Weigerung des Verwalters zur Einberufung der Versammlung gleich.
10. Welche formellen Anforderungen sind zu beachten?
Die Einberufungsform regelt § 24 Abs. 4 S. 1 WEG. Regelmäßig erfolgt die Einberufung in Textform. Diese verlangt eine in lesbaren Schriftzeichen abgefasste Erklärung. Sie muss die Angabe der Urheberschaft und den Abschluss der Erklärung in geeigneter Weise erkennbar machen.
Eine eigenhändige Unterschrift des Einladenden ist nicht erforderlich. Es ist zulässig, die Einladung per Kopie, Fax oder Datenträger auszusprechen. Ein Ausdruck auf Papier ist nicht erforderlich, es genügt, wenn die Einladung auf einem Monitor gelesen werden kann. Allerdings muss sichergestellt sein, dass der Empfänger die Möglichkeit zum Lesen des Dokuments hat. Das führt dazu, dass meist die herkömmliche Schriftform gewählt wird. Mangelnde Textform führt zur Anfechtbarkeit. Wer trotz fehlender Textform teilnimmt, verzichtet auf die Anfechtbarkeit, jedenfalls, wenn er den Fehler nicht ausdrücklich rügt.
Hinweis: Steht eine Wohnungseigentumseinheit mehreren Personen zu, sind alle zu laden. Daraus können - z.B. bei Erbengemeinschaften - Zustellungsprobleme resultieren. Es empfiehlt sich, die Pflicht zur Bestellung eines gemeinschaftlichen Zustellungsbevollmächtigten zu vereinbaren.
11. Welche Anforderungen sind beim Einberufungsinhalt zu beachten?
Zur Gültigkeit eines Beschlusses ist es erforderlich, dass der Gegenstand des Beschlusses bei der Einberufung der Wohnungseigentümerversammlung bezeichnet ist. Daraus ergeben sich die folgenden Minimalanforderungen: Bezeichnet sein müssen
- der Tagungsort,
- die Anfangszeit der Versammlung,
- die Tagesordnung und
- der Einladende.
Das Erfordernis der Bezeichnung des Beschlussgegenstands bedeutet, dass die Angaben mindestens so genau sein müssen, dass die Einberufenen vor Überraschungen geschützt sind und ihnen eine Vorbereitungsmöglichkeit gegeben ist. Der Wortlaut muss nicht nur klar, sondern allgemein verständlich sein. Die Anforderungen an die Formulierungen hängen wesentlich von der Bedeutung des Beschlussgegenstands ab. Je bedeutender der Gegenstand, desto strenger die Voraussetzungen.
12. Gibt es Sonderfälle beim Einberufungsinhalt?
Ja. Heißt es in der Einberufung, dass abgestimmt werden soll über die "Wahl eines Verwalters", ist auch ein Beschluss über die wesentlichen Bedingungen eines Verwaltervertrags zulässig. Dieser Tagesordnungspunkt (TOP) deckt auch die Abwahl des Verwalters.
Unter dem TOP "Erneuerung des Verwaltervertrags" ist auch eine Beschlussfassung über die Höhe der Verwaltervergütung zulässig.
Die Bezeichnung "außerordentliche Kündigung des Verwaltervertrags" deckt auch dessen wohnungseigentumsrechtliche Abberufung.
Der TOP "Klageerhebung gegen Baufirma" umfasst auch die Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen gegen diese Firma.
Enthält die Einladung den TOP "Hausgeldabrechnung", müssen die Geladenen nicht mit einem Beschluss rechnen, der die Kostenverteilung bezüglich eines Aufzugs ändert.
Unter dem Tagesordnungspunkt "Verschiedenes" oder "Sonstiges" sollte nicht beschlossen werden über:
- Verwendung eines Tischtennisraums als Geräteraum,
- Abwahl des Verwalters,
- Gebrauchszeitregelungen der Waschmaschinen,
- Vorlauftemperatur der Heizung in den Sommermonaten,
- Errichtung einer Nottreppe,
- Anschaffung von zwei Leitern für ca. 400 EUR,
- Anschaffung eines Verlängerungskabels für den Rasenmäher für ca. 50 EUR,
- Vergabe von Gartenarbeiten an Mieter,
- Höhe der Kosten für hausmeisterliche Tätigkeiten in Höhe von ca. 250 EUR.
13. Sind Wiederholungsversammlungen zulässig?
Ja. Voraussetzung: Bei ihrer Einberufung muss darauf hingewiesen werden, dass diese Versammlung ohne Rücksicht auf die Höhe der vertretenen Anteile beschlussfähig ist. Außerdem muss die Wiederholungsversammlung denselben Gegenstand wie die Erstversammlung haben. Wenn bei der Einberufung der Wiederholungsversammlung außer dem Gegenstand der Erstversammlung ein weiterer Gegenstand angekündigt wird, handelt es sich insoweit um eine Erstversammlung. Für diesen TOP muss die Beschlussfähigkeit wie bei der Erstversammlung gegeben sein.
14. Sind Teilversammlungen zulässig?
Insbesondere in großen Mehrhausanlagen bietet es sich an, Teilversammlungen statt einer Gesamtversammlung abzuhalten. Die Zulässigkeit ist streitig. Betrifft eine Angelegenheit der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums nur eine abgeschlossene Gruppe von Wohnungs-/Teileigentümern, z.B. die Teileigentümer der Tiefgarage, müssen grundsätzlich nur diese darüber abstimmen.
15. Kann eine Teilnehmerliste verlangt werden?
Ja. Jeder Wohnungseigentümer kann vom Verwalter die Auskunft über die Namen und Adressen der übrigen Eigentümer verlangen.
16. Was sind die Folgen fehlerhafter Einberufung?
Fehlt eine Einladung völlig, führt dies zur Anfechtbarkeit gefasster Beschlüsse. Das gleiche gilt, wenn zwar eine Einladung ausgesprochen wurde, dieser aber keine Tagesordnung beigefügt war. Die Nichteinladung einzelner Eigentümer zur Versammlung führt grundsätzlich nicht zur Nichtigkeit der in dieser Versammlung gefassten Beschlüsse. Wird der Tagungsort in der Einladung vorsätzlich nicht mitgeteilt, sind gefasste Beschlüsse allerdings i.d.R. nichtig. Fällt einem Einladenden nach Absendung der Einladung auf, dass er einen Fehler begangen hat, z.B. die ungenügende Bezeichnung eines Tagesordnungspunkts, kann er diesen Fehler durch eine Nachtragseinladung beseitigen. Beschlüsse zur Erweiterung der Tagesordnung können meist nicht selbstständig angefochten werden. Einzelne Eigentümer sind aber nicht gehindert, die Beschlüsse zur ergänzten Tagesordnung wegen des Einberufungsmangels anzufechten.
Zahlt der Mieter trotz entsprechender Abmahnung wiederholt unpünktlich seine Miete, kann der Vermieter das Mietverhältnis außerordentlich fristlos kündigen.
Diese klaren Worte sprach der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Streit zwischen Mieter und Vermieter. Er machte deutlich, dass jede Partei das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen könne. Ein wichtiger Grund liege vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden könne. Das sei nach Ansicht der Richter bei fortdauernd unpünktlichen Mietzahlungen der Fall. Dabei helfe dem säumigen Mieter auch eine vollständige Zahlung der Rückstände nicht, wenn die Kündigung auch hilfsweise fristgemäß erklärt wurde. Das Mietverhältnis sei dann in jedem Fall beendet (BGH, VIII ZR 364/04).
Kommt es zwischen Mieter und Vermieter wegen eines Schimmelpilzbefalls in der Wohnung zu Unstimmigkeiten, obliegt zunächst dem Mieter der Nachweis, dass er alles unternommen hat, um seiner Schadensminderungspflicht zu genügen.
Diese Darlegungs- und Beweislastregelung bekräftigte nun der Bundesgerichtshof (BGH) in einer Entscheidung. Habe der Mieter entsprechend vorgetragen, müsse anschließend der Vermieter hierauf reagieren. Bestreite er die Darstellung des Mieters, müsse er darlegen, dass und wie der Mieter entgegen dessen Darstellung seine Schadensminderungspflicht hätte erfüllen können (BGH, VI ZR 330/04).
Allein die Tatsache, dass ein Einwohner Wohngeld bezieht, hindert eine Stadt nicht daran, ihn zur Zweitwohnungsabgabe heranzuziehen.
Diese Entscheidung traf das Verwaltungsgerichts (VG) Mainz im Fall eines jungen Mannes, der mit einem Zweitwohnsitz gemeldet war. Als die Stadt von ihm eine Zweitwohnungsabgabe verlangte, legte er Widerspruch ein und wandte sich an das Verwaltungsgericht. Dieses sollte die sofortige Vollziehung des Abgabebescheids aussetzen. Er habe seine Erstwohnung andernorts im Haus seiner Eltern. In der betreffenden Stadt unterhalte er nur deshalb eine Zweitwohnung, weil er hier in einem Ausbildungsverhältnis stehe. Es gehe nicht an, dass die Stadt ihn zur Zweitwohnungsabgabe heranziehe, obwohl er von ihr Wohngeld erhalte.
Das VG lehnte den Antrag jedoch ab. Im Grundsatz beinhalte die von der Stadt erhobene Zweitwohnungsabgabe eine verfassungsrechtlich zulässige örtliche Aufwandssteuer. Der Fall liege nicht so, dass sich die Abgabeerhebung nach der Abgabeordnung ausnahmsweise als unbillig erweise. Allein die Tatsache, dass der Antragsteller von der Stadt ein monatliches Wohngeld von 26 Euro erhalte, bedinge keine persönlichen Billigkeitsgründe in dem Sinne, dass er nach seinen wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage sei, die monatliche Steuer in Höhe von 23 Euro zu zahlen (VG Mainz, 3 L 156/06.MZ).
Verbraucherrecht
Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, mit dem Straftätern die finanziellen Gewinne aus Straftaten leichter entzogen werden können.
Kernstück des Entwurfs ist ein Auffangrechtserwerb des Staates: Nach geltendem Recht kann nicht in allen Fällen verhindert werden, dass kriminelle Gewinne wieder an den Täter zurückfallen. Sind die Opfer der Straftat unbekannt oder verfolgen sie ihre Ansprüche nicht, müssen die Vermögenswerte, die durch die Straftat erlangt und im Strafverfahren vorläufig sichergestellt wurden, grundsätzlich wieder an den Täter herausgegeben werden. Dies ist unbefriedigend. Der Gesetzentwurf schafft in diesen Fällen Abhilfe, indem er ein Verfahren für einen späteren Auffangrechtserwerb des Staates bereitstellt, wenn die Opfer ihre Ansprüche nicht binnen drei Jahren nach der Verurteilung des Täters geltend machen.
Beispiele:
Ein Täter betrügt zahlreiche Personen um geringe Geldbeträge, zum Beispiel durch den verschleierten Verkauf minderwertigen Fleisches. Er erzielt dadurch einen beträchtlichen Gewinn, der von der Staatsanwaltschaft zugunsten der Geschädigten sichergestellt wird. Die Geschädigten sehen im Hinblick auf ihren jeweils relativ geringen Schaden davon ab, gegen den Betrüger gerichtlich vorzugehen und einen Titel zu erwirken.
Der Betrüger hat jeweils große Schadenssummen "ergaunert", etwa durch falsche Angaben über Kapitalanlagen. Die Geschädigten machen ihre Ansprüche aber nicht geltend, weil es sich bei dem von ihnen eingesetzten Vermögen jeweils um "Schwarzgeld" (unversteuerte Einnahmen) handelte.
Und so stellen sich die Änderungen dar:
Geltendes Recht: Weil die Ersatzansprüche der Geschädigten Vorrang haben, kann das betrügerisch erlangte Vermögen jeweils nicht zugunsten des Staates für verfallen erklärt werden. Konsequenz: Das sichergestellte Vermögen muss dem Täter spätestens drei Monate nach der Verurteilung wieder zurückgegeben werden.
Künftige Regelung: Die Geschädigten haben drei Jahre Zeit, ihre Ansprüche geltend zu machen und Zwangsvollstreckungsmaßnahmen in das sichergestellte Vermögen zu betreiben. Die Frist läuft ab dem Zeitpunkt der Verurteilung des Täters im Strafverfahren. Unterlassen dies die Geschädigten, fällt das sichergestellte Vermögen nach Ablauf der drei Jahre an den Staat (sog. Auffangrechtserwerb des Staates).
Der Entwurf sieht ferner vor, dass die Ansprüche der Opfer grundsätzlich Vorrang gegenüber denen sonstiger Gläubiger des Täters erhalten. Außerdem wird die Information der Opfer verbessert: Sind die Opfer persönlich noch unbekannt, z.B. bei einer groß angelegten Betrugskampagne, kann die Staatsanwaltschaft im elektronischen Bundesanzeiger (www.ebundesanzeiger.de) mitteilen, dass Sicherungsmaßnahmen gegen das Vermögen des Beschuldigten ergangen sind.
Die Luftfahrtunternehmen müssen ab dem 16. Juli 2006 eine "gemeinschaftliche Liste" aufstellen, in der die Luftfahrtunternehmen aufzuführen sind, die den geltenden Sicherheitskriterien nicht genügen. In diese Liste hat jeder Interessierte ein Einsichtsrecht.
So regelt es die neue EG-Verordnung Nummer 2111/2005. Darüber hinaus müssen Luftfahrtunternehmen, Reiseveranstalter und auch die Verkäufer von Flugscheinen (zum Beispiel Reisebüros) die Fluggäste schon bei der Buchung über die Identität des Luftfrachtführers unterrichten. Sie müssen also die Fluggesellschaft benennen, die den gebuchten Flug tatsächlich ausführen wird. Wenn diese zum Zeitpunkt des Flugscheinverkaufs noch nicht feststeht, muss informiert werden, sobald klar ist, wer die Luftbeförderung durchführt. Stellt der Fluggast fest, dass die Fluggesellschaft nachträglich in die "gemeinschaftliche Liste" aufgenommen wurde oder die ursprünglich vorgesehene Fluggesellschaft durch ein Unternehmen auf der Liste ersetzt wird und eine Flugannullierung die Folge ist, gilt: Der Fluggast kann die Ticket-Kosten zurückverlangen oder eine Ersatzbeförderung durchführen und die Fluggesellschaft auf Ersatz der Zusatzkosten in Anspruch nehmen.
Ein Blutspender muss auch über seltene mit der Blutspende spezifisch verbundene Gefahren aufgeklärt werden.
Weil eine solche umfassende Aufklärung nicht erfolgte, verurteilte der Bundesgerichtshof (BGH) einen Blutspendedienst zur Zahlung von Schmerzensgeld und Schadenersatz. Geklagt hatte ein Blutspender, der durch den Einstich der Blutabnahmekanüle eine Traumatisierung des Hautnervs des linken Unterarms erlitt. Er leidet trotz dauernder Schmerzmitteleinnahme weiterhin an Schmerzen im linken Unterarm, eine vollständige Genesung ist eher unwahrscheinlich. Wegen der Medikamenteneinnahme kann der Kläger seinen Dienst als Polizeibeamter nur noch halbschichtig leisten.
Der BGH hat die vom Berufungsgericht an die Risikoaufklärung vor einer Blutspende angelegten Maßstäbe bestätigt. Gerade der fremdnützige Blutspender müsse durch eine umfassende Risikoaufklärung in die Lage versetzt werden, abzuschätzen, ob er ein - wenn auch seltenes - Risiko einer dauerhaften Beeinträchtigung zum Wohle der Allgemeinheit hinzunehmen bereit ist. Es müsse auch über seltene Risiken aufgeklärt werden, wenn sie für den Eingriff spezifisch sind und bei ihrer Verwirklichung die Lebensführung erheblich beeinträchtigen können. Unterbleibe diese Aufklärung, müsse der Blutspendedienst für die Folgen einer Verletzung einstehen (BGH, VI ZR 279/04).
Wer im Internet-Auktionshaus ebay als "Powerseller" auftritt, muss bei einem Streit um das Vorliegen eines Fernabsatzvertrags beweisen, dass er kein Unternehmer ist.
Diese Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Koblenz hat für ebay-Auktionen weitreichende Folgen. Es wird davon ausgegangen, dass ein "Powerseller" grundsätzlich Unternehmer ist. Damit muss er dem Käufer ein 14-tägiges Widerrufsrecht einräumen, sofern dieser Verbraucher ist. Um diese Pflicht kommt er nur herum, wenn er nachweisen kann, dass er kein Unternehmer ist. Dazu muss er darlegen, dass er keine gewerbliche oder selbstständige berufliche Tätigkeit ausübt (OLG Koblenz, 5 U 1145/05).
Grundstückseigentümer müssen in Koblenz nur Straßenreinigungsgebühren zahlen, wenn ihr Grundstück unmittelbar an die Straße angrenzt.
Dies entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz im Fall eines Grundstückseigentümers, dessen Grundstück an einer Durchgangsstraße lag. Als er zu Straßenreinigungsgebühren herangezogen wurde, erhob er Klage. Seiner Ansicht nach dürfe die Stadt bei der Gebührenerhebung nicht nur die an die Straße angrenzenden Grundstücke berücksichtigen. Sie müsse auch die sonstigen erschlossenen Grundstücke (Hinterliegergrundstücke) heranziehen.
Dem ist das OVG nicht gefolgt und hat die Klage abgewiesen. Auf Grund der Vorschriften des Landesstraßengesetzes habe die Gemeinde ein Wahlrecht, ob sie neben den Eigentümern der an die Straße grenzenden Grundstücke auch die "Hinterlieger" durch Satzung zu Straßenreinigungsgebühren heranziehe. Gerechtfertigt sei die vorrangige Heranziehung der angrenzenden Grundstückseigentümer aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität, weil ihnen die Reinigungspflicht klar zugeordnet werden könne. Außerdem hätten die "Angrenzer" einen näheren Bezug zu der Reinigungspflicht ("Jeder kehre vor seiner Tür") (OVG Rheinland-Pfalz, 7 A 11037/05.OVG).
Hinweis: Entscheidend sind letztlich die örtlichen Satzungen. Deren Inhalte überprüfen wir gerne für Sie.
Verkehrsrecht
Der Vorfahrtberechtigte an einer wenig befahrenen "Rechts vor Links-Kreuzung" muss damit rechnen, dass sein Vorfahrtsrecht nicht beachtet wird. Kommt es zu einem Zusammenstoß, weil er den von links kommenden Verkehr nicht beachtet hat, kann ihn eine Mitschuld treffen.
Diese Entscheidung traf das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz in einer Schadenersatzklage nach einem Verkehrsunfall. Dieser hatte sich auf einer Kreuzung zweier Wirtschaftswege ereignet. An der Kreuzung galt die Regel "Rechts vor Links". Eine Autofahrerin war auf die Kreuzung zugefahren. Sie hatte ihre Aufmerksamkeit ausschließlich darauf gerichtet, ob ein Auto von rechts kommt. Daher nahm sie ein von links kommendes Fahrzeug nicht wahr, das ihre Vorfahrt nicht beachtete. Es kam zu einem Zusammenstoß.
Trotz der Vorfahrtverletzung durch den von links kommenden Pkw gab das OLG der Autofahrerin nur einen Anspruch auf Ersatz von 2/3 des Schadens. Die Richter hielten ihr vor, dass sie den Unfall mitverursacht habe. An einer Kreuzung von Wirtschaftswegen abseits der dem Durchgangsverkehr dienenden Straßen müssten die Verkehrsteilnehmer auch den von links kommenden Verkehr im Auge haben. Eine solche abseits gelegene Örtlichkeit verleite dazu, mit dem Auftauchen anderer Fahrzeuge nicht zu rechnen. Daher müsse der Vorfahrtberechtigte ein entsprechend unvorsichtiges Verhalten des von links kommenden Verkehrs einkalkulieren (OLG Koblenz, 12 U 25/05).
Eine EWG-Betriebserlaubnis für ein Zubehörteil erlischt nicht, wenn das Zubehörteil infolge von Verschleiß beschädigt ist.
Mit dieser Entscheidung sprach das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe einen Motorradfahrer frei. Dieser war einer Verkehrskontrolle unterzogen worden, weil der beschädigte Auspuffendtopf seines Motorrads der Marke Kawasaki einen erheblichen Geräuschpegel verursacht hatte. Es wurde gegen ihn eine Geldbuße von 50 Euro (weitere Folge: drei Punkte im Verkehrszentralregister in Flensburg) festgelegt. Der eingebaute Auspuffendtopf verfügte im Originalzustand über eine EWG-Betriebserlaubnis und war auch für Krafträder der Marke Kawasaki freigegeben. Vorhandene Querbleche waren in der Folgezeit jedoch entweder entfernt worden oder durch Verschleiß oder Korrosion einfach abgefallen.
Das OLG machte deutlich, dass das Erlöschen einer erteilten Betriebserlaubnis eine willentliche Umgestaltung der Fahrzeugbeschaffenheit voraussetze. Bloße Veränderungen auf Grund natürlichen Verschleißes würden dagegen hierfür nicht ausreichen. Dies ergebe sich zum einen aus dem Wortlaut von § 19 Abs. 2 StVZO, der die Vornahme von Änderungen voraussetze. Zum anderen folge es aus § 17 Abs.1 StVZO. Danach könne die Verwaltungsbehörde bei nicht vorschriftsmäßigem Zustand des Fahrzeugs dem Eigentümer oder Halter eine angemessene Frist zur Behebung der Mängel setzen und nötigenfalls den Betrieb des Fahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr untersagen oder beschränken. Das demnach nicht ausschließbar auf natürliche Ursachen zurückzuführende Fehlen der Querbleche am Auspuffendtopf habe somit nicht zu einem Erlöschen der Betriebserlaubnis für das Kraftrad geführt. Der Motorradfahrer müsse daher nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" freigesprochen werden (OLG Karlsruhe, 1 Ss 30/05).
Bei öffentlichem Parkraum besteht in gleicher Weise wie bei sonstigen Verkehrsflächen eine Verkehrssicherungspflicht. Dabei ist auch für den Schutz von Fußgängern zu sorgen, die als Fahrer oder Fahrzeuginsassen den Parkraum benutzen müssen.
Diese Klarstellung traf das Oberlandesgericht (OLG) Thüringen. Es führte weiter aus, dass es sich bei gelockerten, hohl liegenden Gehwegplatten (auf dem Parkplatz) um eine "gefährliche Stelle" handele. Dies bedürfe einer besonderen Aufmerksamkeit des Verkehrssicherungspflichtigen. Auch ein umsichtiger Fußgänger müsse mangels Erkennbarkeit nicht damit rechnen, dass eine solche Platte beim Begehen zur Seite kippt. Der Verkehrssicherungspflichtige müsse daher die Gehwegplatten auf derartige Gefahren hin überprüfen. Dabei genüge jedoch eine - sorgfältige - Sichtprüfung nur, wenn der Plattenbelag keine Auffälligkeiten aufweise. Seien jedoch an einigen Stellen bereits Unregelmäßigkeiten durch ausgebrochene oder lose Platten ersichtlich, müssten solche Schadstellen näher überprüft und gegebenenfalls ausgebessert werden. Unterlasse der Verkehrssicherungspflichtige diese Prüfungen, müsse er einem Fußgänger Schadenersatz leisten, der sich wegen der beschädigten Platte verletzt habe (OLG Thüringen, 4 U 719/04).
Einem Fahrerlaubnisinhaber kann wegen einer Trunkenheitsfahrt mit dem Fahrrad der Führerschein mit sofortiger Wirkung auch noch entzogen werden, wenn der Vorgang schon dreieinhalb Jahre zurückliegt.
Dies geht aus einem Beschluss des Verwaltungsgerichts (VG) Neustadt hervor. Im zu Grunde liegenden Fall war der Antragsteller nachts mit dem Rad unterwegs gewesen, gestürzt und auf der Straße liegen geblieben. Ein Alkoholtest ergab einen Wert von 2,54 Promille. Die zuständige Fahrerlaubnisbehörde erfuhr hiervon erst ca. dreieinhalb Jahre später. Sie forderte ihn auf, ein medizinisch-psychologisches Gutachten über seine Fahreignung vorzulegen. Dem kam der Betroffene nicht nach, die Behörde entzog ihm deshalb mit sofortiger Wirkung den Führerschein. Der Mann erhob hiergegen Widerspruch und beantragte wegen des angeordneten Sofortvollzugs beim Verwaltungsgericht vorläufigen Rechtsschutz.
Die Richter entschieden, dass die von der Behörde getroffene Maßnahme nicht zu beanstanden sei. Führe jemand im Straßenverkehr ein Fahrzeug - hierzu zähle auch ein Fahrrad - mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille oder mehr, könne von ihm ein medizinisch-psychologisches Gutachten verlangt werden. Dabei sei unerheblich, dass seit der Trunkenheitsfahrt bereits mehrere Jahre vergangen seien. Der hohe Promillewert lasse nämlich Rückschlüsse auf eine Alkoholgewöhnung des Antragstellers zu. Aus diesem Grund sei es gerechtfertigt, der Frage der Fahreignung auch noch dreieinhalb Jahre nach dem Vorfall nachzugehen. Weil der Betroffene das zu Recht verlangte Gutachten nicht vorgelegt habe, habe die Fahrerlaubnisbehörde auf seine fehlende Eignung schließen und ihm den Führerschein entziehen dürfen (VG Neustadt, 3 L 357/06.NW).
Steuerrecht
Der Bundesrat hat im April dem vom Bundestag bereits beschlossenen Gesetz zur steuerlichen Förderung von Wachstum und Beschäftigung zugestimmt. Privathaushalte mit Pflegebedürftigen, die ambulant betreut werden, werden auf Grund dieser Neuregelungen stärker gefördert. Diese steuerlichen Entlastungen gelten bereits ab dem Jahr 2006.
Danach profitieren Pflegebedürftige und Steuerpflichtige, die ambulante Pflege- und Betreuungsleistungen für Pflegebedürftige bezahlen, jetzt zusätzlich, wenn ihre Aufwendungen über die Leistungen der Pflegeversicherung hinausgehen. Bereits bisher konnten 20 Prozent der Aufwendungen für Pflege- und Betreuungsleistungen als haushaltsnahe Dienstleistungen bis zu einem Höchstbetrag von 3.000 EUR Steuer mindernd geltend gemacht werden. Maximal 600 EUR konnten dadurch bis zum Jahr 2005 bei der Einkommensteuererklärung gutgeschrieben werden. Ab 2006 gilt Folgendes:
Die bislang gültigen Beträge verdoppeln sich, vorausgesetzt, die betreute Person ist pflegebedürftig im Sinne der sozialen Pflegeversicherung oder für sie werden Leistungen der Pflegeversicherung erbracht. Begünstigt sind ambulante Pflege- und Betreuungsleistungen, die in einem inländischen Haushalt des Steuerpflichtigen oder der pflegebedürftigen Person durchgeführt werden. Berücksichtigt werden kann der Pflege- und Betreuungsaufwand, der über die Leistungen der Pflegeversicherung hinausgeht. Die Steuerentlastung beträgt 20 Prozent der Aufwendungen bis zu einem Höchstbetrag von 6.000 EUR, also maximal 1.200 EUR.
Im Entwurf des Haushaltsbegleitgesetzes 2006 ist die Erhöhung des regulären Umsatzsteuersatzes von aktuell 16 Prozent auf 19 Prozent zum 1.1.2007 geplant. Der ermäßigte Steuersatz von 7 Prozent soll unverändert weiter gelten. Auch wenn es bis zum In-Kraft-Treten der Umsatzsteuererhöhung noch einige Monate dauert, soll bereits jetzt auf die Folgen hingewiesen werden.
Grundsätzlich würde eine Umsatzsteuererhöhung zum 1.1.2007 bedeuten, dass für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die ab dem 1.1.2007 00.00 Uhr getätigt werden, der Steuersatz von 19 Prozent maßgebend ist. Dabei ist unerheblich, wann die Rechnung gestellt oder die Zahlung geleistet wird. D.h., die Anwendung des höheren Steuersatzes kann nicht durch Anzahlungen oder Rechnungserteilung vor dem 31.12.2006 verhindert werden. Dazu folgende Beispiele:
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Lieferzeitpunkt
Kauft ein Privatkunde im Dezember 2006 von einem Kfz-Händler einen Pkw, der im Januar 2007 an ihn ausgeliefert und von ihm bezahlt wird, unterliegt das Geschäft dem Steuersatz von 19 Prozent. Für die Festlegung, welcher Umsatzsteuersatz zur Anwendung kommt, ist allein von Bedeutung, wann dem Kunden die Verfügungsmacht über den zu liefernden Gegenstand verschafft wird. Der Abschluss des Kaufvertrags im Jahr 2006 ist umsatzsteuerrechtlich bedeutungslos. Der Kfz-Händler hat damit für dieses Geschäft in seine Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Monat Januar 2007 eine Umsatzsteuer von 19/119 des Bruttoverkaufserlöses aufzunehmen.
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Anzahlungen
Würde dieser Privatkunde bereits bei Abschluss des Vertrags eine Anzahlung entrichten und den Restkaufpreis bei Abholung im Januar 2007 begleichen, wäre Folgendes zu beachten:
Auch hier wird dem Kunden die Verfügungsmacht erst im Januar 2007 verschafft. Damit unterliegt auch dieses Geschäft dem erhöhten Umsatzsteuersatz von 19 Prozent. Der Kfz-Händler hat somit im Dezember 2006 aus der Anzahlung eine Umsatzsteuer von 16/116 an das Finanzamt abzuführen. Mit der Umsatzsteuer-Voranmeldung im Januar 2007 hat er dann die volle Umsatzsteuer von 19/119 aus dem gesamten Kaufpreis abzüglich der im Dezember 2006 bereits auf die Anzahlung gezahlten Umsatzsteuer anzugeben.
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Ausgleich der umsatzsteuerlichen Mehrbelastung
In einem weiteren Beispiel hat ein Privatkunde wieder bei einem Kfz-Händler einen Pkw geordert. Diesmal erfolgt der Vertragsabschluss aber vor dem 1.9.2006 d.h., mehr als vier Monate vor der geplanten Erhöhung des Umsatzsteuersatzes. Im Kaufvertrag ist neben dem Kaufpreis ein Umsatzsteuersatz in Höhe von 16 Prozent ausgewiesen. Bei Lieferung des Pkw im Januar 2007 überreicht der Kfz-Händler dem Kunden eine Rechnung, die einen Umsatzsteuersatz in Höhe von 19 Prozent ausweist.
Auch die frühe Bestellung des Pkw ändert nichts daran, dass dieser erst im Jahr 2007 geliefert wird und das Geschäft damit dem erhöhten Umsatzsteuersatz unterliegt. Der Unternehmer kann hier von dem Kunden auch grundsätzlich die erhöhte Umsatzsteuer verlangen. Denn er hat über das Umsatzsteuerrecht einen zivilrechtlichen Ausgleichsanspruch erlangt:
Wird der Kaufvertrag mehr als vier Monate vor der Steuersatzerhöhung abgeschlossen, kann der Unternehmer den höheren Steuerbetrag von seinem Kunden in der Regel automatisch nachfordern. Das gilt allerdings nur dann, wenn die Vertragspartner darüber hinaus nichts anderes vereinbart haben.
Hat der Kfz-Händler den Vertrag allerdings - unter sonst gleichbleibenden Bedingungen - erst nach dem 1.9.2006 abgeschlossen, ist ein automatisches Nachfordern durch den Unternehmer nicht mehr möglich. Für Geschäfte innerhalb eines Zeitraums von maximal vier Monaten vor der Steuersatzerhöhung ist dies nur noch möglich, wenn der Vertrag dazu eine Regelung enthält oder der Kaufpreis als Nettopreis zzgl. der gesetzlichen Umsatzsteuer im Zeitpunkt der Lieferung vereinbart wurde.
Hinweis: Es ist also wichtig, bereits im Vorfeld darauf zu achten, dass z.B. in Kaufverträgen und Allgemeinen Geschäftsbedingungen entsprechend klare Regelungen für diese Fälle aufgenommen werden.
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Dauerleistungen
Auswirkungen hat die geplante Anhebung des Umsatzsteuersatzes regelmäßig auch auf Leistungen, die sich über einen längeren Zeitraum erstrecken. So genannte Dauerleistungen wie z.B. Leasing, Wartung und Vermietung, werden an dem Tag ausgeführt, an dem der vereinbarte Leistungszeitraum endet. Dieser kann allerdings unterschiedlich lang sein (z.B. Kalendermonat, Vierteljahr). Es ist aber auch möglich, dass keine zeitliche Begrenzung vereinbart ist. Grundsätzlich ist bei Dauerleistungen auch die Abrechnung und Ausführung von Teilleistungen möglich. Diese gelten mit dem Ende des Abrechnungszeitraums als erbracht. In den Fällen, in denen bei Dauerleistungen die Abrechnungszeiträume bis zum 31.12.2006 enden, gilt der Steuersatz von 16 Prozent. Ab dem 1.1.2007 kommt der neue Steuersatz von 19 Prozent zum Tragen.
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Wareneinkauf
Ist in einer Eingangsrechnung auf den ersten Blick erkennbar, dass der ausgewiesene Umsatzsteuerbetrag den allgemeinen Steuersatz übersteigt, scheidet ein Vorsteuerabzug aus. Daher ist Folgendes zu beachten:
Trägt die Eingangsrechnung z.B. das Datum des 2.1.2007 und weist aber einen Umsatzsteuersatz von 16 Prozent aus, ist das korrekt, wenn die der Rechnung zu Grunde liegende Leistung noch im Jahr 2006 erbracht wurde. Als Vorsteuer sind dann die ausgewiesenen 16 Prozent abziehbar.
Ist eine Rechnung nach dem 1.1.2007 ausgestellt und die Umsatzsteuer mit 19 Prozent Ausgewiesen worden, ist in der Regel problemlos die ausgewiesene Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehbar.
Ist eine Eingangsrechnung kurz vor dem 1.1.2007 erstellt worden, sollte überprüft werden, ob sie den Steuersatz von 16 Prozent ausweist. Wenn nicht, sollte die Ausstellung einer korrekten Rechnung verlangt werden, um den Vorsteuerabzug nicht zu gefährden.
Hinweis: Im Hinblick auf die geplante Umsatzsteuererhöhung kann es somit für Privatpersonen und für Unternehmer, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind (z.B. Ärzte), ratsam sein, größere Anschaffungen vorzuziehen. Zu beachten ist aber, dass die Vornahme von Anzahlungen auf Anschaffungsvorgänge keine geeignete Maßnahme darstellt, um der Erhöhung zu entgehen. Denn wird die Leistung erst im Jahr 2007 ausgeführt, ist regelmäßig mit einer Nachversteuerung zu rechnen (Entwurf eines Haushaltsbegleitgesetzes 2006 aus dem Februar 2006).
Zum 1.1.2006 ist das Gesetz über den Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen für Entgeltfortzahlung (Aufwendungsausgleichsgesetz - AAG) in Kraft getreten. Hintergrund für dieses Gesetz ist u.a., dass zum einen Arbeitnehmer bei krankheitsbedingten Arbeitsausfällen bei wenigstens vierwöchiger Betriebszugehörigkeit einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung für mindestens sechs Wochen im Jahr haben. Um in solchen Fällen entlastet zu sein, entrichten Unternehmen, bei denen die Voraussetzungen vorliegen, Umlagebeiträge, und können im Gegenzug Erstattungsansprüche geltend machen (U1). Zum anderen erhalten Arbeitnehmerinnen für die Dauer der Mutterschutzfristen (d.h. sechs Wochen vor und acht bzw. zwölf Wochen nach der Entbindung) ihren Einkommensausfall in voller Höhe ersetzt. Auch für diese Fälle sieht das Gesetz für den Arbeitgeber eine Entlastungsmöglichkeit vor (U2).
Durch das Umlageverfahren U1 erhalten Kleinunternehmen - sofern die Voraussetzungen für die Teilnahme am U1-Verfahren vorliegen - Aufwendungen für die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall erstattet. Ab 2006 werden Arbeitgeber mit bis zu 30 Beschäftigten - erstmals auch Angestellte - mit einbezogen. Über das U2-Verfahren erhalten Unternehmen den Zuschuss zum Mutterschaftsgeld in voller Höhe erstattet. Hier werden ab 2006 alle Arbeitgeber einbezogen. Ergänzend zu den gesetzlichen Regelungen haben die Spitzenverbände der Krankenkassen am 13.2.2006 zu zwischenzeitlich aufgetretenen Zweifelsfragen u.a. wie folgt Stellung genommen:
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Personen im freiwilligen sozialen oder ökologischen Jahr
Diese Personen werden nicht als Arbeitnehmer angesehen, sodass für diese Beschäftigten keine Umlagen an die Lohnfortzahlungskasse abzuführen sind.
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Ausländische Saisonarbeitskräfte
Diese Personengruppe hat unter arbeitsrechtlichen Gesichtspunkten einen Entgeltfortzahlungsanspruch. Für Arbeitnehmer aus Staaten der EU ergibt sich das unmittelbar aus der EG-Verordnung 1612/68. Deshalb müssen für diese Beschäftigten auch Umlagen an die Lohnfortzahlungskasse abgeführt werden. Eine Ausnahme besteht lediglich hinsichtlich der Personen, deren Arbeitsverhältnis auf nicht mehr als vier Wochen angelegt ist und bei denen daher kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall entstehen kann.
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ABM-Kräfte
ABM-Kräfte sind Arbeitnehmer, deren Entgeltfortzahlungsanspruch sich im Krankheitsfall nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz richtet. Sie werden bei der Ermittlung der Arbeitnehmerzahl berücksichtigt; daher sind auch für sie Umlagebeträge zu entrichten.
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Einmalig gezahltes Arbeitsentgelt
Einmalig gezahltes Arbeitsentgelt gehört nicht zu den erstattungsfähigen Aufwendungen.
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Keine Erstattung der Aufstockungsbeträge nach dem Altersteilzeitgesetz
Nicht erstattungsfähig ist der durch den Arbeitgeber fortgezahlte Aufstockungsbetrag nach dem Altersteilzeitgesetz, da die Verpflichtung zur Fortzahlung nicht nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz, sondern nach dem Altersteilzeitgesetz besteht.
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Keine Erstattung der auf fiktives Arbeitsentgelt entfallenden Beiträge zur Rentenversicherung
Erstattungsfähig sind ferner nicht die Arbeitgeberanteile, die auf fortgezahltes fiktives Arbeitsentgelt zur Rentenversicherung entfallen (Rundschreiben der Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenkassen vom; Ergänzendes Rundschreiben der Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenkassen).
Unfallkosten sind betrieblich veranlasste Aufwendungen, wenn sie auf einer Betriebsfahrt entstehen und können damit den Gewinn mindern. Aber auch wenn eine Reise sowohl aus betrieblichen als auch aus privaten Gründen durchgeführt wird, können unfallbedingte Aufwendungen Betriebsausgaben darstellen. Voraussetzung dafür ist, dass die private Mitveranlassung von geringer Bedeutung ist.
Werden auf Grund der privaten Mitveranlassung erhebliche Unfallkosten ausgelöst, die nicht mehr von untergeordneter Bedeutung sind, sind die rein privat veranlassten Aufwendungen (z.B. Anwaltshonorare, Gerichtskosten oder Schadenersatzzahlungen) nicht mehr als Betriebsausgaben abziehbar. Die übrigen betrieblich veranlassten Aufwendungen wie z.B. für Unfallschäden an Pkw oder Flugzeug sind davon aber nicht betroffen. D.h. diese sind auch weiterhin als Betriebsausgabe zu berücksichtigen.
Hinweis: Nicht nur aus steuerlichen Gründen kann es also ratsam sein, im Vorfeld entsprechende Versicherungen zur Vermeidung solcher Risiken abzuschließen (BFH, IV R 26/04).
Haben natürliche Personen im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort, gelten sie in der Regel als beschränkt einkommensteuerpflichtig, wenn sie inländische Einkünfte haben. Auf Antrag können diese Personen allerdings als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt werden, was sich in Einzelfällen steuerlich positiv auswirken kann.
Eine Voraussetzung für die Anwendung einer erweiterten unbeschränkten Steuerpflicht in den Streitjahren 1997 und 1998 ist, dass der inländischen Finanzverwaltung die Höhe der ausländischen Einkünfte durch eine Bescheinigung der ausländischen Steuerbehörde nachgewiesen wird. Erforderlich ist eine solche Bescheinigung allerdings nur dann, wenn im Ausland überhaupt Einkünfte angefallen sind, so das Finanzgericht Brandenburg in einer rechtskräftigen Entscheidung. Werden im Ausland keine Einkünfte erzielt, muss eine Bescheinigung also nicht vorgelegt werden.
Hinweis: Diese Sichtweise können Steuerpflichtige nutzen, die ihren Ruhestand im Ausland verbringen und im Inland noch Einkünfte erzielen. Beim Antrag zur erweiterten unbeschränkten Steuerpflicht sollte die Glaubhaftmachung von nicht vorhandenen Einnahmen im Ausland ausreichend sein (FG Brandenburg, 4 K 1467/01).
Wirtschaftsrecht
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Pressefreiheit in gerichtlichen Verfahren gestärkt. In einer spektakulären Strafverhandlung wegen Mordes hatte der Angeklagte eine Verletzung der Öffentlichkeit gerügt. Dabei hatte er moniert, dass ein Großteil der Zuschauerplätze - allerdings nicht alle - den Pressevertretern vorbehalten waren. Es sei daher dem "Normalbürger" kaum möglich gewesen, der Verhandlung beizuwohnen. Der BGH hielt diese Vorgehensweise jedoch nicht für beanstandenswert. Dies folge aus der besonderen Funktion der Presse. Deren Anwesenheit schränke schon im Ansatz die öffentliche Kontrolle von Gerichtsverhandlungen nicht ein, sondern fördere sie vielmehr (BGH, 1 StR 527/05).
Befindet sich eine Aktiengesellschaft in wirtschaftlichen Schwierigkeiten, muss der Aufsichtsrat die Hauptversammlung ausreichend informieren, damit diese Vorstand und Aufsichtsrat Entlastung erteilen kann. Es ist nicht ausreichend, neben der Mitteilung der Anzahl der Aufsichtsratssitzungen lediglich formelhaft mitzuteilen, dass sich der Aufsichtsrat "regelmäßig anhand schriftlicher und mündlicher Berichte des Vorstands eingehend über die Unternehmensstrategie, den Gang der Geschäfte und die Lage des Unternehmens sowie über wesentliche Programm-Investitionen informierte".
Mit dieser Begründung erklärte das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart den Beschluss einer Hauptversammlung für nichtig, durch den dem Aufsichtsrat Entlastung erteilt wurde. Das OLG machte deutlich, dass eine sachgerechte Entscheidung der Anteilseigner in der Hauptversammlung über die Entlastung eine Information über die konkrete Überwachungstätigkeit des Aufsichtsrats im maßgeblichen Geschäftsjahr voraussetze. Nur eine aussagekräftige individuelle Darlegung der Überwachungstätigkeit verschaffe der Hauptversammlung einen Einblick in die Arbeit des von ihr gewählten Aufsichtsrats. Befinde sich die Gesellschaft zudem in wirtschaftlichen Problemen, ergebe sich daraus eine besonders intensive Überwachungspflicht des Aufsichtsrats. Das führe zu einer damit korrespondierenden Intensivierung der Berichtspflicht. Der Aufsichtsrat müsse zumindest bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Gesellschaft über alle außergewöhnlichen oder problematischen Vorkommnisse eingehend berichten (OLG Stuttgart, 20 U 25/05).
Das Fotografieren in den Geschäftsräumen von Wettbewerbern zur Feststellung von Wettbewerbsverstößen ist unzulässig.
Diese Klarstellung traf das Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken im Fall zweier großer konkurrierender Einzelhandelsunternehmen. Das eine warb in einer Filiale mit einem Werbeschild, auf dem es bestimmte Waren u.a. mit "bester Preis vor Ort" bewarb. Ein Testverkäufer des anderen Unternehmens fotografierte das Werbeschild in den Räumen der Beklagten.
Das OLG machte deutlich, dass sich ein Mitbewerber zwar gefallen lassen müsse, dass ein wettbewerbliches Verhalten von Mitbewerbern oder Vereinen, Verbänden etc. kontrolliert werde. Er müsse deshalb z.B. Testkäufe hinnehmen, sofern sich die Testkäufer wie normale Verbraucher verhielten. Das Fotografieren in den Geschäftsräumen zur Feststellung von Wettbewerbsverstößen sei indes grundsätzlich unzulässig. Solches Verhalten sei geeignet, in den Verkaufsräumen negatives Aufsehen zu erzeugen. Etwas anderes könne möglicherweise gelten, wenn eine Betriebsstörung (z.B. wegen der Art der benutzten Kamera) generell ausgeschlossen oder der Beweis einer schwerwiegenden Verletzung anders nicht zu führen sei. Das sei vorliegend aber nicht der Fall gewesen. Der Wettbewerbsverstoß - die Aufstellung wettbewerbswidriger Reklametafeln - hätte ohne weiteres auf andere Weise (z.B. durch Zeugen) dokumentiert werden können (OLG Zweibrücken, 4 U 62/05).
Das Bundessozialgericht (BSG) hat jüngst entschieden, dass der Allein-Gesellschafter-Geschäftsführer (GF) einer Ein-Mann-GmbH rentenversicherungspflichtig ist, wenn er selbst nur für die GmbH und somit nur für einen Auftraggeber tätig war und keine Arbeitnehmer beschäftigte. Darüber hinaus wurden in dieser Entscheidung aber keine Aussagen zur Arbeitslosen-, Kranken- und Pflegeversicherung sowie zur steuerlichen Einordnung der Tätigkeit getroffen.
Diese von der bisherigen Auffassung der Sozialversicherungsträger abweichende Beurteilung hat erhebliche Verunsicherungen ausgelöst, da nicht sicher war, ob das Urteil über den entschiedenen Einzelfall hinaus angewandt werden sollte. Denn dies hätte zur Folge gehabt, dass sämtliche bisher nicht sozialversicherungspflichtige Allein-Gesellschafter-Geschäftsführer ggf. sogar rückwirkend rentenversicherungspflichtig geworden wären.
Die Deutsche Rentenversicherung Bund hat zwischenzeitlich auf die Entscheidung reagiert und verkündet, dass das Urteil über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht anzuwenden ist. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wurde um eine gesetzliche Klarstellung im Sinne der bisherigen Praxis gebeten.
Hinweis: Damit scheinen für Allein-Gesellschafter-Geschäftsführer eine Versicherungspflicht in der Rentenversicherung sowie eventuelle Beitragsnachzahlungen "vom Tisch" zu sein. Dennoch gilt es zu beachten, dass zum jetzigen Zeitpunkt noch niemand mit Sicherheit den Inhalt der erbetenen gesetzlichen Klarstellungen vorhersehen kann.
Abschließende Hinweise
Für die Berechnung der Verzugszinsen ist seit dem 1. Januar 2002 der Basiszinssatz nach § 247 BGB anzuwenden. Seine Höhe wird jeweils zum 1. Januar und 1. Juli eines Jahres neu bestimmt. Er ist an die Stelle des Basiszinssatzes nach dem Diskontsatz-Überleitungsgesetz (DÜG) getreten.
Der Basiszinssatz für die Zeit vom 1. Januar 2006 bis zum 30. Juni 2006 beträgt 1,37 Prozent.
Damit ergeben sich folgende Verzugszinsen:
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für Verbraucher (§ 288 Abs. 1 BGB): 6,37 Prozent
-
für einen grundpfandrechtlich gesicherten Verbraucherdarlehensvertrag (§ 497 Abs. 1 BGB): 3,87 Prozent
-
für den unternehmerischen Geschäftsverkehr (§ 288 Abs. 2 BGB): 9,37 Prozent
Die für die Berechnung der Verzugszinsen anzuwendenden Basiszinssätze betrugen in der Vergangenheit:
- vom 01.07.2005 bis 31.12.2005: 1,17 Prozent
- vom 01.01.2005 bis 30.06.2005: 1,21 Prozent
- vom 01.07.2004 bis 31.12.2004: 1,13 Prozent
- vom 01.01.2004 bis 30.06.2004: 1,14 Prozent
- vom 01.07.2003 bis 31.12.2003: 1,22 Prozent
- vom 01.01.2003 bis 30.06.2003: 1,97 Prozent
- vom 01.07.2002 bis 31.12.2002: 2,47 Prozent
- vom 01.01.2002 bis 30.06.2002: 2,57 Prozent
- vom 01.09.2001 bis 31.12.2001: 3,62 Prozent
- vom 01.09.2000 bis 31.08.2001: 4,26 Prozent
- vom 01.05.2000 bis 31.08.2000: 3,42 Prozent
Im Monat Mai 2006 sollten Sie folgende Steuertermine beachten:
Umsatzsteuerzahler (Monatszahler): Anmeldung und Zahlung von Umsatzsteuer - mittels Barzahlung und Zahlung per Scheck - bis Mittwoch, den 10. Mai 2006.
Lohnsteuerzahler (Monatszahler): Anmeldung und Zahlung von Lohnsteuer - mittels Barzahlung und Zahlung per Scheck - bis Mittwoch, den 10. Mai 2006.
Gewerbesteuerzahler: Zahlung - mittels Barzahlung und Zahlung per Scheck - bis Montag, den 15. Mai 2006.
Grundsteuerzahler: Zahlung - mittels Barzahlung und Zahlung per Scheck - bis Montag, den 15. Mai 2006.
Bei der Grundsteuer kann die Gemeinde abweichend nach dem vierteljährigen Zahlungsgrundsatz gemäß § 28 Abs. 2 GrStG verlangen, dass Beträge bis 15 Euro auf einmal am Dienstag, den 15. August 2006 und Beträge bis einschließlich 30 Euro je zur Hälfte am Mittwoch, den 15. Februar 2006 und Dienstag, den 15. August 2006 zu zahlen sind. Im Monat August 2006 können sich durch regionale Feiertage Abweichungen ergeben. Auf Antrag kann die Grundsteuer auch jeweils am 1. Juli in einem Jahresbetrag entrichtet werden.
Bitte beachten Sie: Die für alle Steuern geltende dreitägige Zahlungsschonfrist bei einer verspäteten Zahlung durch Überweisung endet am Montag, den 15. Mai 2006 für die Umsatz- und Lohnsteuerzahlung und am Donnerstag, den 18. Mai 2006 für die Gewerbe- und Grundsteuerzahlung. Es wird an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass diese Zahlungsschonfrist ausdrücklich nicht für Barzahlung und Zahlung per Scheck gilt!
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